Anfang 2013 richtete die Volksbank Remscheid-Solingen eG den ersten „Azubi-Austausch“ mit der benachbarten Firma Steinhaus GmbH (Lebensmittelindustrie, Herstellung von Pasta- und Fleischgerichten) unter dem Motto „Pasta meets Zaster“ aus.
War der erste Austausch noch durch gegenseitiges Besuchen und Besichtigen geprägt, gehen die Inhalte inzwischen stärker in die Tiefe, 2015 sind neue Elemente hinzugekommen. Einen Großteil des Programms organisieren die Auszubildenden des „Gastgebers“ selbstständig und führen dann auch durch die Austauschtage.
Kernelemente sind:
• Vorstellung des eigenen Unternehmens (Geschichte, Zahlen, Werte)
• Vorstellung der angebotenen Dienstleistungen/Produkte
• Vorstellung der Ausbildungsberufe (Ausbildungsinhalte und –abläufe, Qualifizierungsmöglichkeiten)
• Betriebsbesichtigung
• konkrete Beratung zu Produkten (durch die Volksbank-Azubis)
Erstmals umfasste der Austausch 2015 einen Tag nur für die kaufmännischen Auszubildenden des Lebensmittelherstellers. Sie arbeiteten mit ihren Volksbank-Kollegen in den Fachabteilungen, um dadurch auch mal die anderen Seite ihres Geschäfts kennenzulernen.
Der Azubi-Austausch zwischen Bank und Wirtschaftsunternehmen soll der Horizonterweiterung aller Beteiligten dienen – und dies nicht nur im Sinne einer Allgemeinbildung (andere Ausbildungsberufe und Unternehmen kennenlernen, sondern ganz konkret für den jeweiligen künftigen Berufsalltag.
Die Betreuung von Firmenkunden ist ein entscheidendes Arbeitsfeld einer Bank. Die Volksbank-Azubis lernen durch den Austausch, wie wichtig es ist, hinter die Kulissen zu schauen und ein Unternehmen nicht nur durch den Blick in die Bücher zu bewerten. Wer einen Kunden wie den Lebensmittelproduzenten Steinhaus gut betreuen und beraten möchte, muss auch wissen, wo der Weizen steht und wie die Schweinepreise zurzeit sind – und welche Auswirkungen Schwankungen auf dem Rohstoffmarkt auf das Geschäft haben können.
Die Azubis des Industrieunternehmens hingegen lernen, dass Banker – mit denen sie als Geschäftsleute gut auskommen müssen – auch nur Menschen sind, aber in ihrer beruflichen Funktion eben auch bestimmte Fragen und Ansprüche haben. Wenn man diese versteht, versteht man sich auch geschäftlich besser.
Die Auszubildenden kommunizieren per Du und auf Augenhöhe miteinander, Fragen werden beantworten, Produkte erläutert und das so ganz andere Unternehmen und seine Prozesse vorgestellt. Ziel ist es auch einen ehrlichen Einblick zu geben, unter welchen Bedingungen in anderen Unternehmen gearbeitet wird.
Darüberhinaus leisten die Volksbank-Azubis mit einem Info-Nachmittag im Rahmen des Austausches einen ganz praktischen Beitrag zur finanziellen Bildung. Sie bieten den Auszubildenden des kooperierenden Unternehmen konkrete Hilfe und Beratung in Bezug auf typische Finanzfragen von Berufseinsteigern (z.B. Zahlungsverkehr, Vermögenswirksame Leistungen, Altersvorsorge, Versicherungen, Sparmöglichkeiten) und sensibilisieren für einen verantwortungsvollen Umgang mit Geld (z.B. durch Einnahmen-/Ausgaben-Rechnung).
Betriebsblindheit ist ein nicht nur unter Auszubildenden auftretendes Phänomen in vielen Wirtschaftsunternehmen. Viele Azubis und Arbeitnehmer halten sich für offen und aufgeschlossen - in Wirklichkeit verengt sich jedoch der Radius des Denkens und Handelns immer mehr, je länger man im selben Unternehmen tätig ist und je routinierter Arbeitsläufe werden. Oft ist sogar der Erfolg dafür ursächlich, denn wenn alles scheinbar gut läuft, ist wenig Anlass, Optimierungsbedarf zu erkennen und etwas verbessern zu wollen. Folge ist, dass man in den gewohnten Bahnen „funktioniert“, sich aber somit mit Mittelmäßigkeit zufrieden gibt und möglicherweise weit hinter dem vorhandenen Potenzial zurückbleibt.
Der starke Rückgang des Angebots von Ferienjobs in den letzten Jahren verschärft zudem die Problematik der Betriebsblindheit. Viele Auszubildende haben, abgesehen vom ausgeübten Ausbildungsberuf, keine anderweitige, vor allen Dingen keine branchenfremde Berufs- und Arbeitserfahrung.
So ist es zum Beispiel für viele Azubis im Dienstleistungsgewerbe nicht nachvollziehbar, wie anstrengend und schwer die Arbeit in einem produzierenden Industrieunternehmen ist oder wie Schichtarbeit die Lebensqualität beeinflusst.
Andererseits sind vielen Auszubildenden in der Industrie Vertriebsdruck und die Herausforderungen der Dienstleistungsberufe völlig fremd.
Dieser Negativentwicklung möchte die Volksbank Remscheid-Solingen eG entgegenwirken und den Auszubildenden der kooperierenden Unternehmen, als auch den eigenen Azubis die Möglichkeit zu geben, über den Tellerrand zu schauen.
Für die Auszubildenden der Volksbank Remscheid-Solingen eG war es sehr hilfreich zu sehen, wie anders und wie schwer andere Menschen ihr Geld verdienen. Der Azubi-Austausch ist somit eine wertvolle Erfahrung, von der sie bei einer späteren Beratungstätigkeit im Vertrieb profitieren, denn sie hilft ihnen sich noch besser in Kunden hineinzuversetzen, um diese optimal und bedarfsorientiert beraten und betreuen zu können.
Auf der anderen Seite konnten die Bank-Azubis den Auszubildenden der Firma Steinhaus in Finanzfragen Beratung unter ihresgleichen bieten, indem sie rund um die Themen Sparen, Altersvorsorge, Versicherungen und verantwortlicher Umgang mit Geld beraten konnten – Themen bei denen viele Berufseinsteiger überfordert sind.
Die Volksbank Remscheid-Solingen eG wird das Projekt Azubi-Austausch fortzusetzen und plant, es noch auszubauen, indem sie mit weiteren Unternehmen Projekt-Kooperationen eingeht.